Mittwoch, November 16, 2005

Jet Lag Fever, honey?

Die Tage 2 & 3 in Houston – (k)ein Kulturschock

Burger King
Symbole der Freiheit
24h Fett & Zucker - Augen zu und durch(fahren)
Fotogalerie: Ankunft in Houston
Fotogalerie: NASA
Foto: Walter H. Reiterer
Manche konnten es kaum glauben. Nach einer anderthalbtägigen Anreise fand man sich schliesslich doch geschlossen in Texas ein. Daß man dort noch eine Stunde in der mit Auspuffdämpfen gut durchlüfteten Tiefgaragenausfahrt auf einen Bus wartete, fiel daher kaum mehr ins Gewicht. Viel mehr schon die Air Condition des Vehikels, welche das totale Antarktis Feeling in das am ersten Tag noch schwüle und vor allem nasse Houston brachte. Von ankommen und entspannen also keine Rede, denn momentan sucht sich die Klimaanlage, gemeinsam mit der gesunden Ernährung und dem Mega Jet Lag erste Opfer um diese noch vor dem Match am Samstag außer Gefecht zu setzen.

Was ist der Grund ihres Aufenthalts?
Einer der vielen interessanten Fragen aus dem Katalog der Immigrationsbehörden am George Bush Intercontinental Airport. Sie kommen wegen Football aus Österreich? Sie meinen wohl soccer? Nein, Football?! Großartig! Was ist ihre Lieblingsmannschaft in der NFL? Ach, tatsächlich die Houston Texans? Was für ein Zufall! Die spielen aber echt schlecht heuer, nicht wahr? Habe ich Sie grad ja sagen hören? Was sagten Sie noch mal ist der Grund ihres Aufenthalts? Bitte drücken Sie den Zeigefinger der linken Hand auf dieses Pad, nehmen Sie die Sonnenbrille vom Kopf, schauen Sie in die Kamera und versuchen Sie bitte nicht zu lächeln. Danke. Jetzt den Zeigefinger der rechten Hand bitte, ja wegen Football sind Sie da, sagten Sie ja. Waren Sie schon mal in terroristische Aktivitäten involviert? Nein, das ist gut. Auch nicht im dritten Reich? Na dann – Willkommen in Texas, Sir! Ah ja bevor ich es vergesse: Pilzkulturen haben Sie auch keine mit und Sie haben ihre Kamera in letzter Zeit nicht an verdächtige Personen verliehen? Gut, Sir. Wir wünschen ihnen viel Spaß beim Spiel!

Der Zauber der Montur
In Texas ist man entweder uniformiert oder eben nicht. Besser für einen aber ist man ist es. In einer Form. Es muß ja nicht gleich die eines hochrangigen NASA Angestellten sein, die Camouflage eines Longhorn T-Shirts tut es da schon. Dabei gibt es auch schön geformte Unis. Die der Kadettinen des Hühnerflügelvebrechers Hooters sind besonders schick und dabei so einfach gestrickt. Ein Stückchen Stoff für oben, ein Stückchen Stoff für unten, zwei volle Sätze im Repertoire und schon ist die Karriere eine steile. 1.) „Hi, how you`re doing? 2.) „Are you having fun, honey?“ Na wer denn nicht, bei solchen braunen Eulenaugen, aber davon lassen sich doch kultivierte Invaders aus dem Land des kalifornischen Gouverneurs doch nicht blenden!? Sollte es dann mit dem Hooters Cover Girl auf Dauer doch nichts werden, bietet sich ja noch ein alternativer Werdegang an, der allerdings das Einstudieren eines neuen Satzes erfordert, in Abwandlung des bereits gelernten zweiten: 3.) „Do we wanna have fun together, honey?“ Was natürlich verboten ist, wie das meiste andere hier auch, denn wer wird denn lustig werden wollen!? Nicht lächeln, sagte man einem ja schon beim Eingang.

Seemöwen auf Diät
Seemöwen auf Diät
Do's & Dont's in Texas
Foto: Walter H. Reiterer
Nicht trinken, nicht rauchen, nicht schreien, nicht fotografieren, nicht blitzen, nicht mit dem Kopf im Whirlpool untertauchen, nicht gegen das Fenster klopfen, kein Rollerbladen, kein Fahrrad fahren, keine Haustiere, nicht die Seemöwen füttern, denn sie sind auf strenger Diät, nicht mit den Seemöwen schwimmen, denn die Bullenhaie darunter sind es nicht! Behaupten Sie als fast 40-jähriger niemals am Eingang einer Sportsbar gegenüber einer 18-jährigen ID-control Managerin Sie seien bereits über 21, wenn sie keinen gültigen Lichtbildausweis parat haben, der das auch bezeugen kann. Auch nicht, sollten sie jenseits der 60 und Football Coach sein. Sie kommen auch dann nicht rein, würde das ihre nicht (mehr) vorhandene Jugend gefährdenste die Anwesenheit einer Dart Scheibe sein. Und: nicht mit den Darts werfen, während ihr Mitspieler seine noch aus der Scheibe zieht!

Die 18-jährige darf übrigens in dem Lokal wo Sie arbeitet nur zum Arbeiten rein, von einem Bier nach Feierabend brauchen wir gar nicht mal reden, dafür befindet Sie sich bereits in einem Alter wo sie theoretisch wie praktisch das Privileg genießt, für ihr Land im Kampf sterben zu dürfen. Nüchtern, selbstverständlich! Wir sind ja schließlich nicht bei den Wilden!

Sie haben es erkannt? Diese „Umstände“ rauben mir nachhaltig den Glauben an so ziemlich alles. Entweder liegt es an diesem hartnäckig in der Stirn und Nebenhöhlen herumlungernden Jet Lag, oder ich bin tatsächlich im falschen Film gelandet. Eine Stadt als Aneinanderreihung von Nebensächlichkeiten entlang einer fünfspurigen Autobahn ins nichts mit Namen Golf von Mexiko? Das Spalier von Fast Food Burgen und Kirchen, lediglich einmal unterbrochen von der Skyline, in dessen Schluchten sich die Kultur vor der Verhüttelung des Wertlosen verkrochen hat und auf Entwarnung hofft? Eine Oper mit Namen, ein Symphonieorchester sogar mit klingendem, kaschiert, getarnt, jedoch längst entwaffnet von der Übermacht der Oberflächlichkeit? Ist das wirklich so? Und: war es das bereits?

Ich habe keine Ahnung und kenne die Stadt und ihre Menschen nicht. Das ist daher lediglich der Eindruck von zwei Tagen, welcher sich allerdings Minute für Stunde eher verstärkt als relativiert. Die Anzahl der riesigen sternengesprinkelten Flaggen sagt mir jedenfalls alle 300 Meter zweifelsfrei in Amerika zu sein. Ich verstehe nicht was das für Amerikaner bedeutet - richtig. Ich will aber auch gar nicht verstehen, wie man es anstellt vieles dem Menschen Anlernbare nur mit einem bunten Stück Stoff ersetzen zu können.

Das als trivialen Kulturschock abzutun ist tröstlich und damit läßt es sich schon besser leben. Sollte man dann auch noch die Kultur vor der man geschockt sein muß (sonst wäre es ja kein Kulturschock, sondern nur ein Schock) ausfindig machen können, sogar auf Dauer beruhigt. Ein paar Tage bleiben ja noch diese zu finden. Fündig wird man eventuell - klassische Musik mal außen vor lassend - in Restaurants und Bars, wo es Mexikanern in jahrzehntelanger Arbeit gelungen ist den Texaner das Kochen beizubringen. Exzellentes Sea- & Tex-Mex food bezeugen den Erfolg dieser Entwicklungshilfe. Die Umgangsformen, das tägliche Miteinander und die Konversation sind geprägt von Herzlichkeit, Gastfreundschaft und Respekt, was manche Besucher (aliens) permanent in die Verlegenheit bringt sich selbst als ungehobelten Rüpel erleben zu müssen, der sich mächtig anstrengen muß um im Wettbewerb der Komplimente nicht arg in Rückstand zu geraten. Kennt man diese einfachen Formeln aber, dann auch ihre überschaubare Größe, ihren Zweck und ihre Herkunft. Oberflächlichkeiten again. Worthülsen, vorgetragen mit mächtig theatralischem Tam Tam, der darauf abzielt ein gute Atmosphäre zu erzeugen, die man ja immer wieder gut brauchen kann. Heiligt der Zweck also die Mittel? Ich sag mal ja.

Süße Honigbienen
Den Spielern der Invaders ist das zum großen Teil völlig egal, wahrscheinlich empfinden es die meisten sogar völlig anders und werden sich nun fragen wovon ich da eigentlich schreibe und das ist auch gut so. Sie sehen sich hier im Zustand des Urlaubs und benehmen sich auch dementsprechend wie Touristen. Wobei manchen Jungs die inflationäre Verwendung der Bezeichnung „Honey“, wenn es um ihre Person und um das nächste Bier bei dieser unglaublich süßen (weil auch voll honeyigen) Blonden geht, langsam stutzig machen sollte. Es kann gar nicht so viele Imker wie Honig hier geben, Herrschaften!

Erstaunlich auch ein wenig die Vorbereitung des Teams vor Ort. Montag war Ankunft, Dienstag Akklimatisierung, heute Mittwoch startet um 15.00h das erste Training. Bis zum Match gegen die Choctaws wird also drei Mal am Nachmittag zusammen trainiert. Insgesamt 9 Stunden. „Das reicht“, mein Invaders RB Valentin Kopatz zwinkernden Auges, „denn was man bisher nicht gelernt hat, lernt man hier auch nicht mehr.“ Die beiden Bruins Söldner Benjamin Tier und Armin Schneider kamen gestern verschwitzt aus der Kraftkammer zurück. Der frischgebackene Vizepräsident der Badener, Michael Altbart, meint zum Thema Vorbereitung: „Ich kann nur für mich sprechen und mir reichen diese Trainingseinheiten. Ich werde mich aktiv als Spieler nach diesem Spiel zurückziehen und daher alles in dieses Game schmeißen. Motivieren muß mich sicher niemand mehr.“

Jedenfalls ist man als Tourist eh schon genug im Streß. Hier ein Steakhouse, da das Monday Night Game, jetzt ins Johnson Space Center, da noch ein Buffet mitnehmen, ein, zwei oder doch drei Bier in einer Bar, am Morgen danach ein 6500 Kalorien Frühstück – rennt alles wie geschmiert. Schließlich ist man sich auch über die Stärke des Gegners im Klaren. Hier reichen die Meinungen von „schlagbar“ bis „nicht unschlagbar“. Daß man gegen die Choctaws, so fern sie in Bestbesetzung antreten wollen, eine Niederlage der hochempfindlichen Art erleiden könnte, ist angeblich kalkuliertes Risiko. Man wird so oder so etwas lernen. Ob das dann auch in einem Zusammenhang mit Football stehen wird, bleibt abzuwarten, denn derzeit macht die Mannschaft eher den Eindruck einer leicht überdrehten Reisegruppe als jenen einer entschlossenen Footballmannschaft. Was sich ganz sicher in den kommenden drei Tagen ändern wird.

Guten Morgen, Invaders!

15 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hi!
genial lustiger bericht. hat mir meine mittagspause sehr versüßt! ich hab echt selten so gelacht und freu mich auch schon auf mehr! ich wünsch' allen viel spaß und glück beim Spiel!
Chr.

Anonym hat gesagt…

Kann mich meinem Vorschreiber nur anschliessen.
Vergnüglich zu lesen, wenn auch erschreckend, dass sämtliche Vorurteile dem Amiland gegenüber auch hier Bestätigung finden.

da freut man sich doch auf die Fortsetzung ....

lG O.

Anonym hat gesagt…

wenn ich das so lese.....ich bekomme "heimweh" und kann den nächsten juni nicht mehr erwarten.
danke für den bericht walter.
southernGeorge

Anonym hat gesagt…

du solltest dir echt mal überlegen ein buch zu schreiben!!! wirklich gelungener artikel, danke für deine Arbeit, oh eh schon wissen ->
spenden sind besser als hohle worte!!!

Anonym hat gesagt…

wirklich ganz nett: nur "nehmen Sie die Sonnenbrille vom Kopf, schauen Sie in die Kamera"

häää? Wer brauch beim Fliegen eine Sonnenbrille? Okay, vielleicht ein megakewler Pilot, aber...

Anonym hat gesagt…

JUHU - endlich ein richtiger weblog hier. Weiter, weiter!

Anonym hat gesagt…

ur geiler Bericht, ich hasse es richtig hier in St. Pölten zu versauern!!
Hey Jungs viel Spass in Housten und viel glück beim Spiel!!

lg
Michl

PS: Hooters is Football!! ;)

Anonym hat gesagt…

weiss nicht welche drogen der kerl nimmt, aber sie sind gut. toller artikel

Anonym hat gesagt…

Nur ein Wort: SENSATIONELL!

Anonym hat gesagt…

Ein tollr Bericht.
Ein wunderschönes Land. Nur die Leute und ihre Gesetze sind fragwürdig. Freundlich und zuvorkomment von vorne und von hinten, na ja eben Amerika. Ausser Indianer und Mexikaner. Übrigens die mexikanische Küche ist ein Traum.

Anonym hat gesagt…

Einer der besten Berichte die ich hier je gelesen habe. Große Klasse, witzig, ernüchternd und mit spitzer Feder geschrieben. fishfinger = 10 Sterne.

Anonym hat gesagt…

fishfinger for president!!!!

Anonym hat gesagt…

na ist da fishinger schon im Häfen oder im Hooters verschollen weil er keinbericht mehr schreibt??

Anonym hat gesagt…

Gestern die Nachrichten gesehen? Wir schon.
http://www.invaders.at/2003/public_html/index.php

Anonym hat gesagt…

na ist da fishinger schon im Häfen oder im Hooters verschollen weil er keinbericht mehr schreibt??

Why are you Austrians so fuckin stupid?